Die
Bilderbuchkarriere von "The Corrs"
Von
Eric Rauch

Kurz
vor Weihnachten 1997 erhielt die irische Familienband "The Corrs" eine Anfrage
aus dem Vatikan. Sie wurden gebeten, ein Privatkonzert für Papst Johannes Paul
II. und ausgewählte Besucher zu geben. Für eine Band, die erst zwei Jahre zuvor
ihr Debütalbum "Forgiven, Not Forgotten" veröffentlicht hatte, eine einmalige
Chance mit großer Breitenwirkung. "Es ist eine große Ehre, für das Oberhaupt
unserer Kirche zu spielen. Es war eine großartige Erfahrung: Wir konnten dadurch
den Vatikan erkunden und kurz mit dem Papst reden", erinnert sich Jim Corr.

Der
Auftritt war ein weiterer Höhepunkt einer Bilderbuchkarriere. Seit ihrem Debüt
verzeichneten die irischen Geschwister Andrea (Gesang, Tin Whistle), Caroline
(Schlagzeug), Sharon (Gesang, Violine) und Jim Corr (Gitarre, Keyboards) weltweite
Chartserfolge, Gold- und Platinauszeichnungen, Support-Konzerte mit "U2" und
den "Rolling Stones" sowie international ausverkaufte Tourneen. Obwohl sich
die vier öffentlich sehr bescheiden präsentieren, ist Jim vom Aufstieg nicht
sonderlich überrascht: "Wir haben vor Jahren vom Erfolg geträumt und unsere
Ziele sehr hoch angesetzt. Und nun sind wir sehr erfreut, dass wir diese Ziele
erreicht und sogar übertroffen haben."

Jim
Corr versucht nahezu immer diplomatisch zu antworten und kritischen oder privaten
Fragen auszuweichen. Er ist der älteste der vier Geschwister, fühlt sich deshalb
aber nicht als der alleinverantwortliche "große Bruder". "Zu gewissen Zeiten
war ich vielleicht unbewusst ein kleiner Schutz für meine Schwestern. Dies ist
aber nicht wirklich notwendig, weil sie sorgfältig auf sich selbst aufpassen.
In musikalischer Hinsicht arbeiten wir ausgesprochen demokratisch miteinander",
beschreibt er die Bandchemie. Andrea betont in diesem Zusammenhang noch die
familiäre Bindung, räumt jedoch ein, manchmal nur wenig Zeit für ihr Privatleben
zu haben – und Caroline ergänzt: "Wenn wir zu Hause sind, geht jeder seine eigenen
Wege und besucht seine Freunde."

Caroline
(27) lebt inzwischen in Dublin und begeistert sich für Paragliding und Skifahren.
Die inzwischen 30-jährige Sharon leitete vor der Musikerkarriere einen Schallplattenladen.
Sie ist die Frühaufsteherin der Familie. "Jeder von uns ist sehr ehrgeizig,
sehr talentiert und bodenständig", versucht Jim Corr eine allgemein gültige
Charakterisierung. "Andrea zum Beispiel schreibt ihre Lieder mit großer Leidenschaft.
Auf der anderen Seite ist sie sehr vergesslich. Sie vergisst dauernd ihr Handy
oder irgendetwas anderes im Hotel. Der Tourmanager muss dann immer nach Dingen
fragen, an die sie nicht gedacht hat."

Für
das neue Album "In Blue" schrieben die Geschwister in wechselnden Kombinationen
nahezu alle Songs. Während der Aufnahmen wurden die Geschwister vom Tod ihrer
Mutter Jean getroffen. Ihr ist das neue Album gewidmet. Den Schicksalsschlag
haben Andrea und Caroline mit dem Lied "No More Crying" künstlerisch aufgearbeitet.
Daneben setzen die "Corrs" auf den bewährten Stil aus eingängigem Pop, verträumten
Balladen und Satzgesang. Dies wirkt stellenweise ein wenig glatt, ist jedoch
auf ihr Zielpublikum und Radiokompatibilität zugeschnitten.

Optisch
hingegen vermitteln die Iren mit ihrem neuen Styling ein weniger braves Image.
Die irischen Elemente sind auf dem neuen Album etwas in den Hintergrund getreten.
Einzig in der Instrumentalnummer "Rebel Heart", die als Titelmelodie für eine
im Herbst anlaufende britische TV-Serie über den irischen Osteraufstand 1916
geplant ist, stehen die typischen Folkelemente im Mittelpunkt. Der Song erinnert
allerdings in der Melodieführung und im Aufbau ein wenig an die Filmmusik "Theme
From Jurassic Park".

"The
Corrs" treten am 12. November in der Frankfurter Festhalle auf.

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© Frankfurter Neue Presse, 2000